Als im Jahre 2013 mit den Arbeiten an der TV-Adaption des Kult-Shooters Halo begonnen wurde – damals noch mit Urgestein Steven Spielberg als geplanten Produzenten – ahnte man wohl nicht, dass sich das Projekt über ganze neun Jahre hinziehen würde. Nun aber, im Jahre 2022, hat die Serie unter Paramount+ endlich ihren Weg aus der Entwicklungshölle gefunden – mit einem Budget von 10 Millionen Dollar pro Folge und einer unlängst bestätigten zweiten Staffel. Tauchen wir also ein in dieses televisionale Endergebnis, welches sich gegenüber 265 anderen Drehbuchentwürfen behaupten konnte und gleich in der Pilotfolge (»Kontakt«) das größte Geheimnis der ganzen Welt lüftet: Wie schaut unser liebster Spaceman, der Master Chief, unter seinem Helm aus?
Halo (Staffel 1)-Episodenguide
Inhaltsangabe
Der Planet Madrigal. Hier, auf einem abgelegenen Außenposten, lebt eine kleine Gruppe von Rebellen mit rebellischen Frisuren, die Bodenschätze abbauen und sich von der Kontrolle durch das UNSC (United Nations Space Command) emanzipieren wollen. In ihren Augen ist das UNSC der Feind, der Resssourcen klaut, die Arbeiter versklavt und ohne Rücksicht auf Verluste seine brutalen und emotionslosen Bluthunde losschickt: die Spartaner, ihres Zeichens modifizierte Menschen und Kampfmaschinen.
Wenige Szenen später wird der Außenposten angegriffen. Die Rebellen vermuten das UNSC dahinter und sind mehr als geschockt, als plötzlich riesenhafte Aliens (der noch unbekannten Allianz) durch die Tore brechen und alles und jeden niedermetzeln. Noch bevor der Rebellen-General von einem Alien abgemurkst werden kann, taucht das UNSC auf und jedermanns liebster Spaceman, der Master Chief (Pablo Schreiber), lässt sich per Superheldenlandung ins Kampfgebiet fallen. Automatisch eröffnet der General das Feuer auf den Spartaner, als er merkt: der Spartaner ist zu seiner Rettung gekommen – mitsamt drei weiterer Spartaner, dem Silver Team.
Das Silver Team schafft es zwar die Aliens auszuschalten, doch von der 150 Mann starken Rebellen-Kolonie überlebt nur eine: Kwan Ha (Yerin Ha), die Tochter des Generals. Master Chief und das Silver Team untersuchen den Landeplatz der Allianz und entdecken dabei eine Höhle mit einem Artefakt, nach dem die Allianz offenbar gesucht hat. Als der Master Chief es berührt, aktiviert er das Artefakt und erlebt Flashbacks einer unbekannten Vergangenheit. Als das Silver Team sich zum Abflug bereit macht, besteht der Chief darauf, dass er in einem weiteren Schiff nachkommt, zusammen mit der Überlebenden Kwan und dem Artefakt.
Szenenwechsel ins UNSC-Hauptquartier. Hier arbeitet Dr. Halsey (Natascha McElhone), die Mutter des Spartaner-Programms, und diskutiert mit Admiral Parangosky (Shabana Azmi) über dessen Nutzen. Es deutet sich an, dass die beiden Frauen sich nicht unbedingt grün sind. Halsey arbeitet außerdem an einem Geheimprojekt: einem Klon von sich selbst, Stichwort »Cortana-Projekt«.
In der Hauptstadt der Allianz, High Charity, treffen wir auf einen Hierarchen der Allianz: den Propheten der Gnade. Er unterhält sich mit einer Menschenfrau (Charlie Murphy) über die fehlgeschlagene Bergung des Artefakts. Der Prophet nennt die Frau »Gesegnete« und es stellt sich heraus, dass sie den Standort der Artefakte vorhersehen kann und ebenso wie der Master Chief in der Lage ist, sie zu aktivieren.
Währenddessen nimmt die UNSC-Wissenschaftlerin Miranda Keyes (Olive Gray) Kontakt mit Master Chiefs Schiff auf und versucht Kwan zu überreden, für die Sache des UNSC auszusagen und die Kolonien von der Gefahr durch die Allianz zu überzeugen. Kwan sperrt sich und droht Keyes sogar damit, den Kolonien stattdessen eine fabrizierte Geschichte zum Nachteil des UNSC zu erzählen, sollte das UNSC Madrigal nicht seine Unabhängigkeit zugestehen.
Das UNSC kommt schließlich zu dem Entschluss, dass Kwan gemäß Paragraph 72 umgelegt werden muss – allerdings ohne Zustimmung von Dr. Halsey und Miranda Keyes. Der Chief erhält noch während des Rückfluges den Befehl zur Liquidierung. Da er aber offenbar durch das Artefakt kompromittiert ist und darüber hinaus Zeit hatte, mit Kwan Bekanntschaft zu schließen (und in diesem Zuge sogar ironische Witze zu reißen … übelst kompromittiert, der Kerl, wirklich), verweigert er die Tötung.
Als das Schiff vom Chief im UNSC-Hauptquartier zur Landung gezwungen wird, wartet bereits eine ganze Front an Marines darauf, den abtrünnigen Spartaner und Kwan umzulegen. Auch das Silver Team ist zugegen, allerdings mit einem anderen Befehl: Halsey hat ihnen aufgetragen, den Chief zu schützen. Der große Eklat bleibt allerdings aus, denn mithilfe des Artefakts gelingt es dem Chief, sämtliche Technik im Umkreis lahmzulegen.
Dann heben er und Kwan im Schiff wieder ab, Destination unbekannt.
Halo – Was war das noch gleich?
Halo gilt als Kultklassiker innerhalb Ego-Shooter-Szene; eine Spiele-Serie, die seit 2001 existiert und seitdem etliche Romane, Comics und Verfilmungen generiert hat. Sogar eine Action-Miniserie von Ridley Scott findet sich in diesem Fundus wieder. Grob heruntergebrochen erzählt Halo vom Kampf des UNSC (United Nation Space Command) gegen eine theokratische Allianz unterschiedlicher Alienrassen. Die einzig effiziente Waffe gegen diese körperlich überlegenen Aliens sind die Spartan-II-Soldaten: modifizierte Supermenschen, die ursprünglich gezeugt wurden, um den Bürgerkrieg innerhalb der UNSC-Kolonien einzudämmen. Nun aber gelten sie als die letzte Chance für das Überleben der gesamten Menschheit als Spezies. Ganz vorne mit dabei: John-117 aka der allmighty Master Chief. Ein guter, starker Name.
»Da habta euer Halo, ihr Plebs!«
Halos Pilotfolge startet mit einem Intro, das reinknallt. Von jetzt auf gleich wird eine Gruppe unbedarfter Teens, die lediglich auf der Suche nach dem nächsten Drogentrip ist, von den Plasma-Waffen der Allianz geschreddert. Brutaler Plasma-Gore, den man so nicht erwartet hätte. Was folgt ist ein erbarmungsloser Feuerkampf im Außenposten der Rebellen. Die Serienmacher fackeln nicht lange und geben uns direkt unsere Dosis Halo, freilich mit Sounds direkt aus den Games entnommen. Wenn Master Chiefs Schild kollabiert und er sich so lange hinter einer Ecke verschanzen muss, bis der »Shield active!«-Beep ertönt, dann fühlt sich wohl jede Gamerin und jeder Gamer persönlich angesprochen. Die Produktionswerte können sich sehen lassen (immerhin 10 Millionen pro Folge, nech). Die Szenerien wirken absolut schmuck und Kreaturen wie der Prophet der Gnade schauen im Close-Up äußerst detailliert aus. Was das Sci-Fi-Design anbetrifft, reitet Halo auf dem aktuellen Standard wie man ihn auch in Dune oder The Foundation sehen kann.
Vorhang auf für die »Silver-Timeline«
Freilich muss man bei solchen TV-Adaptionen neben den Hardcore-Fans auch immer die potentielle externe Zuschauerschaft im Blick behalten; alte Showbiz-Regel. Daher spielt die Halo-Serie in der so genannten »Silver-Timeline« – eine Zeitlinie des Halo-Universums, die separat zum ursprünglichen Kanon existiert. Mit der Silver-Timeline wollen die Macher ihrer Adaption mehr Raum zum Atmen geben und dabei gleichzeitig den Kanon schützen. Auf diese Weise können sich die jeweiligen Geschichten auf eine Weise entfalten, die am besten zu ihrer Mediumform passt. Das führt zu einigen neuen spannenden Gegebenheiten: In der Adaption verhält sich das UNSC plötzlich wie der pragmatische Bösewicht, der über Leichen geht, der Master Chief ist mehr als sonst am Strugglen und im Zentrum der misanthropischen Allianz sitzt auf einmal eine Menschenfrau mit einer ominösen Bestimmung. Glücklich sind hier vor allem jene Nicht-Fanatiker, die sich auf eine alternative Zeitlinie einlassen können und sie als Ergänzung verstehen.
Master Chief nimmt den Helm ab
Kommen wir zum wichtigsten Part: den Master Chief. In den Games ist er als Protagonist omnipotent und wortkarg, indifferent und effizient. Sein Gesicht wird – wenn man von der entblößten Augenpartie am Ende von Halo 4 absieht – niemals gezeigt. Insgesamt ist er ein Charakter, der als steuerbare Figur eine Menge Spaß bedeutet, als Träger einer TV-Serie aber nur mäßig funktionieren würde. Während wir in der ersten Hälfte der Pilotfolge einen Master Chief zu sehen bekommen, wie wir ihn kennen, wird das Rezept in der zweiten Hälfte variiert. Der Master Chief wird sentimental, stellt sich gegen die Order 66 … – pardon, ich meine den Paragraphen 72 und nimmt sogar den Helm ab, um Kwans Vertrauen zu gewinnen. Ein gehirngewaschener Supersoldat, der seine Menschlichkeit entdeckt, ist nichts Neues (Heyho, Robocop), und trotzdem kann man dieses Klischee im Falle von Halo durchaus wohlwollend aufnehmen (ich tu es, Anm. d. Red). Auch Pablo Schreiber als neues Gesicht des Master Chiefs ist eine Tatsache, die man gut und gerne abnickt. Was allerdings wie ein Fremdkörper wirken kann, ist das Klischee des maskierten Kerls, der sich wieder einmal um einen Teenager kümmern muss (Stichwort: ). Das Trope wird in The Mandalorian schön fetttriefend verbraten und es ist tatsächlich etwas strange, nun auch den Master Chief bei etwas Ähnlichem zu beobachten. Aber hey; Pilotfolge. Lassen wir die Serie erst einmal anlaufen, gell.
Fazit
Ein blockbustermäßiger Look, ein unverbrauchter Cast, keine peinlichen Spartaner-Kostüme, interessante Charakter-Dynamiken und kleine, findige Easter Eggs (Stichwort: »WORT WORT WORT!«): Insgesamt ist Halos Pilotfolge ein vielversprechender Einstieg in ‘ne gute und genießbare Military-Sci-Fi-Serie. Lediglich das kaum präsente musikalische Halo-Thema bedaure ich. Generell schnorchelt die Musik mal wieder am Boden des Vergessenswerten herum – was ich persönlich immer als einen Schuss ins eigene Knie werten würde. Aber dennoch: Die Richtung, die die Story einschlägt, catcht mich und macht neugierig. Call me in, Master Chief.
© Paramount+